Kohlrabe im Regen, fotografiert am Broyekanal, Neuenburgersee, 27.04.2019

Naturfotografie auch bei schlechtem Wetter

Es ist Ende April 2019. Ich nehme am Workshop der Schweizer Naturfotografen für Vogelfotografie am Neuenburgersee teil. Die Teilnehmer dieses Fotoworkshops treffen sich zum einen im Birdlife Naturzentrum in Cudrefin, zum andern im Pro Natura Center Champ Pittet bei Vevey. Die Wetterprognose ist wenig ermutigend, es erwartet uns ein regnerisches Wochenende. Aprilwetter eben. Na und?

Wind und Regen gestalten eine Fotografie einzigartig

Der Morgen in La Sauge ist erträglich, da wir in den Hides (Tarnversteck mit Sichtspalten zum Fotografieren) auf unsere quicklebendigen Objekte warten können. Der Regen kann uns also nichts anhaben. Und den begehrten Eisvogel scheint er auch nicht zu stören.

Nach ein paar Stunden Ausharren habe ich genug und gehe trotz zunehmendem Regen und Wind am Nachmittag zum Broyekanal Richtung Neuenburgersee. In dieser Gegend leben ein Viertel aller Tier- und Pflanzenarten der Schweiz, darunter zahlreiche seltene und bedrohte Arten. Ich bin gespannt, was mich erwartet

Am äussersten Punkt des Kanals angekommen, sehe ich vor mir im See über 30 Schwäne, die sich in einer grossen Gruppe formiert haben und den kalten Regen über sich ergehen lassen. Etwas entfernt hat es  Kormorane, Gänsesäger und viele andere Vögel. Viele davon kann ich erst später zu Hause vor dem Bildschirm und dank des Internets zuordnen.

«Wenn du beten lernen willst, fahre aufs offene Meer»
lese ich im Buch Bretonische Brandung von Jan-Luc Bannalec.
Jan-Luc Bannalec
Deutscher Literaturwissenschaftler, Lektor, Verleger, Herausgeber, Schriftsteller, Publizist und Fotograf

Als Fotograf deute ich diese Aussage so, dass wenn du etwas lernen willst, du die Bereitschaft haben musst, etwas zu wagen. Handeln. Deine Sicherheit verlassen. Das gehört ein bisschen zur Naturfotografie, wobei sich jeder Fotograf die Grenzen wohl selbst stecken muss. Nass oder schmutzig zu werden gehört auf jeden Fall dazu.

Auf Augenhöhe gehen

Eine kleine Rabenkrähe ist so in ihre Nahrungssuche vertieft, dass sie gar nicht realisiert, dass sie auf mich zuhüpft. Die besten Tierfotos werden auf Augenhöhe geschossen. Das bedeutet für mich, dass ich mich auf den nassen Boden lege.

Mein Equipment sind eine Nikon D750 und ein Objektiv Tamron G2 (150-600 mm), beide sind für leichten Regen ausgerüstet, so sagt es zumindest die Werbung. Da ich mich nicht ganz darauf verlassen will, habe ich ein Tuch dabei, das ich immer wieder für das Trocknen der Kamera und des Objektivs verwende. Meine Fotos der Rabenkrähe wurden gut. Sie so im Regen auf ihrer Nahrungssuche zu fotografieren, gibt dem Bild eine besondere Stimmung.

Die Regenwolken werden dichter, die Lichtverhältnisse dadurch schlechter und die ISO Werte höher. Mindestens 1/3200 Sekunde Verschlusszeit muss ich einstellen, damit ich die Bewegung der Tiere «einfrieren» kann. Es wird langsam kälter und ich kann darum meine Kamera nicht mehr ruhig halten. Ich entscheide mich schliesslich für den Rückzug. Fotos habe ich schliesslich genug geschossen.

Naturfotografie fordert immer eine gewisse Bereitschaft gegen innere Barrieren zu handeln. Wie oft wollte ich nach einem erfolglosen Fototrip schon aufgeben, habe mich überwunden und wurde entsprechend belohnt.

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