Als ich mit der Natur- und Tierfotografie begann, habe ich, wie vermutlich viele Anfänger, einfach drauflos geknipst. Alles, was mir grad vor die Linse kam, wurde festgehalten. Es ging mir in erster Linie darum, welche Tiere ich «erwische». Mit der Zeit hat sich dies verändert. Oft gehe ich mit Gelassenheit und einer inneren positiven Spannung auf die Pirsch. Unterdessen sind mir vier Stufen aufgefallen, mit denen ich versuche, Tiere festzuhalten.
Wahrscheinlich ist dies nicht der Weisheit letzter Schluss. Bei jedem Fototrip lerne ich wieder etwas dazu. Die folgenden vier Stufen verhelfen jedoch schon zu Recht guten Bildern. Das Wichtigste ist: dranbleiben, reflektieren, weitermachen und auch mal gewisse Regeln brechen.
Entwicklung geschieht durch Mut und Kreativität.
So findet man am besten zu seinem eigenen Stil.
Tipp-Nr. 1: Belegfoto
Ein Belegfoto ist, wie der Name es sagt, als persönlicher Beleg gedacht. Vor einiger Zeit war ich unterwegs und fotografierte gerade einen Fischreiher. Plötzlich nahm ich eine Bewegung in den Bäumen der näheren Umgebung wahr. Und sah sage und schreibe einen Eisvogel, der auf dem Ast eines umgestürzten Baums landetete! Ich war so überrascht und total aufgeregt, dass mein Foto sehr unscharf wurde.
Doch habe ich für mich einen Beleg, der beweist, dass im Chämptnertobel ein Eisvogel lebt.
Auf diese Situation war ich nicht vorbereitet. Die Einstellungen an Kamera und Objektiv waren auf den Fischreiher eingestellt. Tiefere Belichtungszeit, kleinere Blende. Das geht beim flinken Eisvogel nicht. Ihn muss ich mit einer Belichtungszeit von mindestens einer 3000tel Sekunde fotografieren, wenn ich seine Bewegung festhalten will. Und die Zeit für eine schnelle Umstellung an meiner Kamera fehlte.
Trotzdem machen Belegfotos eben auch Freude. Für mich ist klar, ich werde immer mal wieder an die gleiche Stelle gehen.
Eines Tages habe ich vielleicht mehr Glück. Um dran zu bleiben, hilft mir mein solches Belegfoto.
Tipp-Nr. 2: Nach dem Beleg folgen scharfe Bilder
Als ich im April 2019 in Cudrefin am Neuenburgersee an einem Fotoworkshop der Schweizer Naturfotografen teilnahm, platzierten wir Fotografen uns in einer extra dafür eingerichteten Beobachtungshütte. Dann galt es zu warten.
Als dann tatsächlich ein Eisvogel auftauchte, knipste ich wie wild drauflos. Nach dem Motto: «Ich werde nie mehr in meinem Leben einen Eisvogel sehen.» Als ich merkte, dass der Vogel immer wieder auf denselben Ästen landete, wurde ich innerlich ruhiger und fing an, mit Belichtungszeit und Blende zu variieren. Plötzlich waren Bildgestaltung und mehr Schärfe möglich.
Durch solches Herantasten lernt man die Kamera und die Auswirkungen der Funktionen immer besser kennen.
Tipp-Nr. 3: Das Tier und sein Lebensraum
Ein Motiv scharf zu fotografieren, ist das eine. Doch damit gibt man sich mit der Zeit nicht mehr zufrieden. Schliesslich soll eine Bildkomposition etwas aussagen. Bei Tieren ist zum Beispiel der Lebensraum sehr wichtig. In unserem Beispiel: Wo und wie lebt ein Eisvogel? Wie ernährt er sich? Gibt es Komponenten im Bild, die es zu etwas Besonderem machen könnten? Zum Beispiel eine Spiegelung? Nahrung? Ein bestimmtes Verhalten?
«Vordergrund macht Hintergrund gesund» ist ein Spruch aus der Fotografie. Beim nachfolgenden Bild habe ich einen Fischreiher beim Jagen und Fressen fotografieren können. Der verborgene Blick durch das Astwerk gibt dem Bild mehr Spannung. Der Betrachter ist auf diese Art mit mir «auf der Pirsch».
Die Augen sind das A und O in allen Begegnungen von Individuen – auch bei der Tierfotografie.
Tipp-Nr. 4: Szenen voraussehen: Zwei Männchen und ein Weibchen - das gibt Stunk
Manchmal entwickelt sich eine Szene, die Spannung verspricht. Die beiden Haubentaucher im Kampf habe ich während ihrer Balzzeit fotografiert. Zwei Männchen und ein Weibchen und schon ist die Spannung perfekt. Das Schöne bei Tieren: Drohgebärden sind deutlich sichtbar. Es bahnt sich etwas an.
Immer wieder fallen mir neue Dinge auf, die mir bessere Bilder ermöglichen. Nicht nur beim Fotografieren selbst. Oft schaue ich mir die Originale nochmals an und gestalte sie dann anders. Auch ältere Fotos erscheinen dann in einem neuen Licht …
Das Schöne bei der Fotografie: Entwicklung ist sichtbar!