Das Wetter ist nass. Zeit für einen Fototrip im nahegelegenen «Regenwald». Regen gehört zur Natur und darum auch zur Naturfotografie. Regen verändert das Landschaftsbild und verstärkt die Farben. Gespannt auf das, was mich erwartet, mache ich mich im Zürcher Oberland auf in ein weiteres Kapitel meiner Waldfotografie-Reihe. Ich gehe tief in den Wald hinein und lasse ebenso tief in meine Gedanken und Empfindungen beim Fotografieren blicken.

Die Themen dieses Artikels im Überblick
Mit der folgenden Navigation kannst du direkt zu dem Thema springen, das dich am meisten interessiert.
Ziele dieses Wald-Fototrips
Es gibt viele Dinge im Alltag, die wir gar nicht (mehr) wahrnehmen. Vielleicht sogar unseren Wald. Dieser erscheint uns als selbstverständlich. Zudem wächst der Schweizer Wald jedes Jahr in der Grösse des Bielersees (Quelle: Waldschweiz.ch). Das finde ich beeindruckend.
Bei genauerem Hinsehen stelle ich fest, dass vieles in unserer Umwelt von der Wirtschaft geprägt wird. Im Falle das Waldes bedeutet dies, dass schnell wachsende Bäume gepflanzt werden, damit wir genügend Holz für unseren Lebensunterhalt haben.
Leider bringt diese Wirtschaftsorientierung eine Monokultur hervor Für die Natur wichtig wären jedoch Mischwälder.
Wald ist meinem Empfinden nach darum überhaupt nicht selbstverständlich. Ich finde es äusserst wichtig ihn ganzheitlich zu sehen und zu verstehen. Mein Augenmerk bei meinem Fototrip liegt auf der Vielfalt, der Schönheit, auch auf alten Bäumen, ungewöhnlichen Wuchsformen, Wurzeln u.v.m.
Mit meinen Waldfotos möchte ich Unauffälliges auffällig darstellen.
Unauffälliges, weil
- wir es vielleicht als nicht als würdig erachten, einem Baum oder was davon übrig geblieben ist, unsere Aufmerksamkeit zu widmen.
- was in unserem Leben unauffällig ist, wir als nicht wichtig einstufen.
Auffällig, weil
- — genauer betrachtet — uns dieses Unauffällige Impulse für unsere Entwicklung geben kann.
- wir wissen müssen, was da ist und unseren Lebensraum unterstützt.
Das natürliche Ökosystem: auffällig unauffällig und für uns Menschen überlebenswichtig.
Bilder lösen immer etwas in uns aus.
- Um zu verstehen, müssen wir sehen.
- Um zu sehen, müssen wir bereit sein.
- Um bereit zu sein, müssen wir manchmal überrascht werden.
Mitten im heimischen «Regenwald»
Unterdessen steht mir mein «Waldbad» direkt bevor. Der Waldrand vor mir ist dicht belaubt und lässt nur einen schmalen Eingang auf einen erdigen Fussweg offen. Wo es ausserhalb des Waldes noch relativ hell war, empfängt mich hier eine markante Dämmerung.
Käme jetzt eine dramatische Musik dazu, könnte ich meinen, ich wäre direkt in einem Krimi. «Dann aber gerne als Kommissar und nicht als Opfer. Lieber aufklären als leiden.», denke ich … Unserer Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Das ist im Aussen anders.
Doch darauf möchte ich mich hier und heute einlassen.
Dunkelheit ist eine Herausforderung in der (Wald)Fotografie. Ich bin gespannt, was auf mich zukommt und was das Licht so «im Sinn hat».
A propos Sinn: Ich bin zu 100 Prozent präsent und spüre das Leben mit allen Sinnen.
Waldluft tut gut
Schnell werde ich von einer Art «Waldmagie» erfasst. Die frische Waldluft belebt und «öffnet meinen Brustraum». Kein Wunder:
Waldluft hat
- mehr Sauerstoff,
- weniger Feinstaub dank Staubfilterwirkung und
- weniger Lärmbelastung.
All das tut mir wohl! Die Natur gibt uns so viel!
Der Wald gibt mir das Gefühl von Geborgenheit, weit weg vom oft so stressigen Alltag, obwohl der naheliegende Autoverkehr gut hörbar ist und seine Präsenz hartnäckig markiert.
Die Jagd nach Licht
Kürzlich begegnete ich im Wald einer Gruppe Kinder, die mich neugierig musterten. Sie fragten mich, ob ich ein Jäger sei, worauf ich erklärte, dass ich Bäume fotografiere. Eigentlich bin ich ja schon ein Jäger.
Es ist eine Jagd nach Licht und dessen Ausdrucksweise. Licht kann Situationen von einem auf den anderen Moment verändern.
Das sind einmalige Momente. Sie fordern mich zum Handeln und gleichzeitig zum Loslassen auf, eine natürliche Lebensschule.
- Oft bin ich zu spät.
- Oft im falschen Moment.
- Meistens ist die Ausbeute klein.
Sie wird jedoch immer besser, eine Folge von Training und Ausdauer. Mit dem Lohn, die richtigen Momente im Voraus zu spüren und bereit zu sein.
Auftrag: Entdecken. Schauen. Wirken lassen.
Zurück zu meinem Regenwald.
Kaum bin ich im Wald, nehme ich erste mögliche Motive wahr. Altholz. Wege. Linien und Formen.
Ich lege meinen Rucksack ab. Betrachte die ersten möglichen Motive aus verschiedener Höhe, Tiefe und Richtung. Ich lasse mir Zeit und rufe in meinem Gedächtnis wichtige Gestaltungsregeln ab.
- Nützen diese oder soll ich sie brechen?
- Soll ich etwas anders betonen?
- Geht es darum, etwas herauszuheben oder will ich das Gesamtbild darstellen?
Licht unterstützt und fordert Waldfotografie heraus
Manchmal dringen Sonnenstrahlen durch den dichten Blätterwald. Licht kann harte oder weiche Schatten und Konturen bewirken.
Wie beleuchten sie mein Motiv? Zu hell oder zu dunkel lässt sich mit dem besten Fotobearbeitungsprogramm nicht reparieren.
Zu hell oder zu dunkel sind meine häufigsten Foto-Fehler. Ist die Über- oder Unterbelichtung an einem Ort mitten im Bild und nicht am Rand, kann ich diese bei der Bildbearbeitung nicht wegschneiden. Pech gehabt. Da hilft nur Löschen.
Ende schlecht, alles schlecht? Nein! Wichtig ist die Auseinandersetzung und was ich daraus lerne …
Das Licht in der Natur verändert sich laufend und muss beobachtet werden. Oft bin ich mehr auf das Motiv fokussiert als auf das Licht.
Durch das Display schauend, lasse ich den Bildausschnitt auf mich wirken. Manchmal erwacht eine Idee. Wenn möglich, nehme ich zuerst innerlich Abstand und geniesse den Moment.
Vogelstimmen begleiten mich. Diese Waldmusik ist meine meditative Begleitung und signalisiert natürlichen Lebensraum. Ich fühle mich als akzeptierter Teil einer anderen Welt.
Signale: entscheiden und handeln
Erst wenn ich Signale aus dem Bauch erhalte, schiesse ich Fotos. Signale wie zum Beispiel:
- «Das ist eine besondere Situation.»
- «Licht und Komposition stimmen.»
- «Das was ich sehe, löst etwas in mir aus. Es verbindet mich mit meiner Gefühlswelt oder mit Erinnerungen.»
- «Diese Darstellung lohnt sich, festzuhalten, auch wenn sie nicht perfekt ist. Vielleicht kann ich später nochmals hierher kommen und sie besser fotografieren.»
Besser. Mit einem anderen Objektiv. Mit grossen und kleinen Brennweiten, tieferen ISO-Werten, hellerem oder dunklerem Licht. Je nachdem, was ich betonen, was ich in den Vorder- oder in den Hintergrund stellen will.
Klingt komplex. Ist komplex. Das ist gut so. Es geht nicht um die Masse. Sondern ums Erleben und Entdecken.
Die Zeit hat hier wenig Chancen. Zeitlose Momente fühlen sich einfach gut an.
Was zählt, ist die Schönheit des Waldes. Ich kann etwas fotografisch festhalten, letztendlich ist es jedoch die Erinnerung an diesen Moment, der nachhaltig in meinem Gedächtnis bleibt.
Hintergründe im Vordergrund – meine Gefühle und Emotionen
Fotografieren ist ein Prozess, der die eigene Entwicklung aufzeigt.
Manchmal habe ich das Gefühl, mit der Präsentation meiner Bilder tief in meine Seele hineinblicken zu lassen.
Ich sehe etwas mit meiner ganz persönlichen Sichtweise und stelle es so dar, wie es mir in diesem Moment und in dieser Form wichtig ist. Eine persönliche, authentische Momentaufnahme. In dem Sinne wird man als «Produzent» einer Darstellung auch verletzlich.
Fotografieren ist keine Frage von Richtig oder Falsch. Sondern Ausdruck einer persönlichen Sichtweise mit einer einzigartigen Fotosprache.
Wie bei jeder Sprache, gibt es auch hier Missverständnisse. Was ich als Fotograf sehe, was ich mit grösster Motivation darstelle, müssen BetrachterInnen nicht gleich sehen. Mit diesem Risiko müssen (Hobby)Fotografen wie ich leben. So ist es bei jeder Kunst.
Ausklang und Fazit
Mein Fototrip im regionalen Regenwald hat mir gut getan. Mit dem Resultat bin ich sehr zufrieden und habe, wie oft beim Fotografieren, zu innerer Ruhe gefunden.
Einige Bilder finde ich recht gut gelungen. Sie laden mich ein, wieder zu kommen. Denn der Wald, zeigt so deutlich auf, dass nichts gleich bleibt und sich alles verändert.
Betrachte ich Fotos, die ich vor ein paar Jahren geschossen habe, sehe ich meine Entwicklung. Und bin zufrieden damit. In ein paar Jahren – so hoffe und vermute ich –wird es mir mit den heutigen genau gleich gehen.
Das ist das Schöne an der Fotografie: Sie ist ein sichtbares Abbild der Entwicklung unserer Persönlichkeit.
Geht es Ihnen auch so?
© fokus-naturfotografie.ch, 12.6.2025
Weitere Impressionen
Tipps zum Thema Naturfotografie
Von anderen Fotografen lernen und daraus eigene Ideen entwickeln:
Mehr über den Schweizer Wald erfahren:
Blog-Beiträge: Meine Erfahrungen mit der Naturfotografie

Waldfotografie: Ab in den regionalen «Regenwald»
Das Wetter ist nass. Zeit für einen Fototrip im nahegelegenen «Regenwald». Regen gehört zur Natur und darum auch zur Naturfotografie. Regen verändert das Landschaftsbild und verstärkt die Farben. Gespannt auf das, was mich erwartet, mache ich mich im Zürcher Oberland auf in ein weiteres Kapitel meiner Waldfotografie-Reihe. Ich gehe tief in den Wald hinein und

Waldfotografie: Entdecken und umsetzen
Unser Wald: Für mich ganz klar Erholungsraum Nummer eins und voller verlockender Sujets für die Naturfotografie. Wie alle Motive hat auch der Wald seine Herausforderungen. Von den Lichtverhältnissen bis hin zum Aufenthalt nach starken Regengüssen oder Schneeschauern, was nicht ganz ungefährlich ist. Wie kann man sich also gut vorbereiten? Auf was muss man achten und

Naturfotografie: Entwicklung der Bildkomposition und der Persönlichkeit
Ich habe innere Bilder und sehe äussere. Da gibt es Vorstellungen, was für Fotos ich in der Natur schiessen könnte. Ein Objekt, ein Impuls und schon entsteht vor meinem inneren Auge eine Bildkomposition. Sie zieht und fordert und verändert sich und meine Idee und mich selbst. Ein kleiner Einblick für Hobby- und Sinnsuchende in eine

Naturgarten: zahlreiche Motive für die Naturfotografie
Immer mehr Menschen werden sich bewusst, dass eine gesunde Natur lebensnotwendig ist. Mit einem Naturgarten und mit Naturfotografie können wir positive Akzente setzen. «Gib mir einen Quadratmeter Wiese und ich mache dir tausend schöne Fotos.» Andreas Räber Ob Wiese oder Naturgarten, beide Lebensräume beherbergen zahlreiche Pflanzen und Kleintiere. Diese natürliche Vielfalt wird dann so richtig

Naturfotografie: Vorbereitung für schöne Naturbilder mit Naturzeitschriften
Wenn wir schöne Naturbilder sehen, sind wir uns oft nicht bewusst, welch enormer Aufwand hinter der Naturfotografie steckt. In meinem Blog werde ich darum immer wieder Quellen, die mir Hintergrundinfos für mein Hobby liefern, vorstellen. Zum Beispiel Naturzeitschriften, die ich gerne lese, weil sie mir wichtige Informationen zur Landschafts- und Tierfotografie vermitteln. In diesem Blog

Vogelfotografie – eine spontane Begegnung
Vögel zu fotografieren ist nicht immer ganz einfach. Vögel machen innert Tausendsteln von Sekunden Mikrobewegungen, die die Schärfeneinstellung erheblich beeinflussen. Und bemerken sie einen, fliegen sie schnell weg. Doch es gibt Ausnahmen. Über meine besondere Begegnung mit einem weiblichen Hausrotschwanz. Es ist Dienstagabend etwas nach 17 Uhr. Während die meisten Menschen jetzt wohl in den